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PTC: Jim Heppelmann geht in den Ruhestand

Normalerweise bekommt man einen Wechsel an der Spitze eines Unternehmens nur durch eine Pressemitteilung mit – Person X geht in den Ruhestand, Person Y übernimmt. Bei PTC ist das anders, nutzt seine achtmonatige „Übergabephase“ an den neuen CEO Neil Barua für Roundtables mit Kunden und auch Journalisten. So gab es letzte Woche in München Gelegenheit, von einem der letzten echten Technologievisionäre Abschied zu nehmen, der die CAx/PLM-Branche über Jahrzehnte geprägt hat.

Jim Heppelmann (li.) übergibt das Amt des PTC-CEO an Neil Barua (Bild: PTC).
Jim Heppelmann (li.) übergibt das Amt des -CEO an Neil Barua (Bild: PTC).

Heppelmann kam im Jahr 1998 zu PTC, als das Unternehmen die von ihm gegründete Windchill Inc. übernahm. Er wurde bei PTC zum Senior Vice President und brachte mit Windchill eine sehr wichtige Technologie ein, die das bestehende Portfolio – vor allem das CAD-System Pro/Engineer – um eine Verwaltungskomponenten ergänzte. In den Jahren vor der Jahrtausendwende zeigte es sich, dass komplexe Produktentwicklungen mit einem „nackten“ CAD-System kaum mehr zu bändigen waren – vor allem, weil parametrische 3D-Systeme mit vielen Referenzen zwischen Dateien arbeiten, was das gesamte Datenkonstrukt sehr instabil macht, wenn es im normalen Dateisystem gehalten wird.

Heppelmann kam zu einem Zeitpunkt zu PTC, an dem das Unternehmen mit verschiedenen Herausforderungen kämpfte. Zum einen zeigte sich wie erwähnt, dass eine notwendig ist, zum anderen drängten Systeme wie SolidWorks auf den Markt, die keine sündhaft teuren UNIX-Workstations benötigten, sondern relativ preiswerte Windows-Rechner. Heppelmann hatte als Chief Technical Officer (CTO) ab dem Jahr 2002 die Aufgabe, die Produkte des Unternehmens weiterzuentwickeln und kann seinem Nachfolger heute ein umfassendes Portfolio für den gesamten Produktlebenszyklus hinterlassen, das weit über den Maschinenbau hinausgeht.

PTC PLM Portfolio
Das PTC-Portfolio deckt inzwischen den gesamte Produktlebenszyklus ab.

Seit 13 Jahren nun ist Heppelmann CEO von PTC, in seine Zeit fiel eine Vielzahl von Akquisitionen von Computervision über Arbortext, Mathcad und CoCreate bis hin zu , Vuforia und Frustrum. Anfang dieses Jahres kaufte PTC ServiceMax, mit dem Anbieter von -nativer, produktzentrierter Field Service Management (FSM)-Software hatte PTC schon seit dem Jahr 2015 eine Partnerschaft. Insofern wiederholt sich hier die Geschichte, denn ServiceMax-CEO Neil Barua ist nun designierter Nachfolger von Heppelmann. Nach der Übernahme leitete Barua bis zu seiner Ernennung zum designierten CEO den Geschäftsbereich Service Lifecycle Management von PTC.

Im Gegensatz zum technisch orientierten Heppelmann hat Barua seine Berufserfahrung eher im Finanzbereich gesammelt, zuvor war er als Operating Partner bei Silver Lake tätig, einem weltweit führenden Unternehmen für Technologieinvestitionen. Davor war Barua CEO von IPC Systems, einem globalen Anbieter von spezialisierten Technologielösungen für die Finanzdienstleistungsbranche. Neil Barua hat einen B.S. in Finance & Economics der NYU Stern School of Business.

Heppelmann bereitet seinen Rücktritt deshalb nach eigener Aussage seit etwa fünf Jahren vor, in denen er gemeinsam mit dem Aufsichtsrat eine starke Führungsmannschaft mit ausgewiesener Technologieexpertise zusammenbrachte. Nicht zuletzt sitzt dort mit der Mitgründer von SolidWorks und Onshape.

Im Rahmen der Gesprächsrunde zeigte Heppelmann, wie umfassend das Portfolio von PTC inzwischen ist, er hob vor allem hervor, ein Application Lifecycle Management-Software-Tool, das das Unternehmen im April 2022 eingekauft hatte. Erst kürzlich kaufte VW 20.000 Lizenzen von Codebeamer, ähnliche Lizenzmengen hat BMW im Einsatz, auch Mercedes und andere Autohersteller nutzen das Tool zum Organisieren ihrer Softwareentwickler. „Codebeamer entwickelt sich zur Standard-ALM-Software im -Bereich“, sagte Heppelmann. Mit dem aktuellen Kauf von mit pure-systems baut PTC diesen Bereich noch aus.

Jim Heppelmann will sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurückziehen

Die zweite Maßnahme, um einen möglichst erfolgreichen Übergang sicherzustellen, ist die erwähnte achtmonatige Einarbeitungszeit, in der Heppelmann und Barua sämtliche Niederlassungen und die wichtigsten Kunden sowie Veranstaltungen besuchen. So soll Barua nicht nur mit umfassendem Wissen und Verständnis für PTC-Produkte und -Mitarbeiter ausgestattet werden, sondern auch mit möglichst vielen persönlichen Kontakten.

Heppelmann wagte auch einen Blick in die Zukunft, das wichtigste Thema aktuell ist agile Entwicklung in der Mechanik. Das Thema sei auch bei einem Treffen der wichtigsten Automanager am Tag zuvor ausführlich diskutiert worden. „Wer es als erster schafft, Autos agil zu entwickeln, wird einen unglaublichen Vorsprung vor den Mitbewerbern haben“, sagte der scheidende CEO. Weitere Megathemen sind das – „da haben wir noch zehn Jahre Entwicklung vor uns“ – und der digitale Thread – „Wir sind mitten in der Entwicklung.“ Er ist sich sicher, dass eine von Unternehmen ohne Produktdatenmanagement unmöglich ist.

Er sieht PTC auf gutem Weg: „Als ich zum Unternehmen gestoßen bin, hatte PTC keine Vision und war unter starkem Druck. Heute haben wir die Vision umgesetzt. In der Zukunft muss das Portfolio nun komplettiert und ausgebaut werden.“ Wichtig sei die Skalierung des Unternehmens, worauf Barua sehr gut vorbereitet sei: „Unsere Kunden entwickeln sich langsam und bewusst weiter, und so tun wir das auch.“

Mit Jim Heppelmann verlässt einer der letzten großen technischen Visionäre die CAD-Branche. Er hatte schon immer nicht nur eine umfassende Vision, sondern er hat auch immer verstanden, diese Vision erst in Produkte und dann in Umsatz umzumünzen. Wer hätte, als PTC erstmals Thingworx zeigte, geahnt, dass diese – damals noch visionäre – Software heute zehn Prozent des PTC-Gesamtumsatzes verdient? Immer wieder war PTC seiner Zeit voraus und wir rätselten, was diese neue Idee nun sollte – Jahre später zeigte sich immer wieder, dass Heppelmann aufs richtige Pferd gesetzt hatte. Ich wünsche Jim Heppelmann einen geruhsamen Rentenstand auf seiner Ranch in Kalifornien.

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