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Weltnormentag am 14. Oktober – vom Vorteil, wenn alles geregelt ist

In Zeiten immer stärkerer Individualisierung ist es schon fast anrüchig, „normal“ zu sein – vor allem, wenn der Begriff als Abgrenzung gegen unliebsame Minderheiten genutzt wird – „normale Menschen“ gegen „die da“. Dabei können festgelegte etwas sehr Positives und Wertvolles sein – wenn sie die vereinfachen, indem sie Standards definieren. Das beste Beispiel dafür sind die – beziehungsweise -Normen, die alle Aspekte unseres Alltags regeln. Diese Normen sparen allein der deutschen Industrie in jedem Jahr 17 Mill Euro. Darauf macht der Weltnormentag aufmerksam, der am nächsten Sonntag, den 14. Oktober, gefeiert wird.

Sprachen früher zwei Techniker über „eine Schraube“, konnte sich das, was jeder der beiden meinte, fundamental von der Vorstellung des anderen unterscheiden. Seit Einführung der DIN-Normen muss der eine nur dem anderen mitteilen: „eine Schraube nach DIN 912“ – und beide wissen, dass sie von einer Zylinderschraube mit Innensechskant sprechen. Zudem wissen sie voneinander, dass sie etwas älter sind, denn jüngere Ingenieure wissen natürlich, dass sie „Seine Schraube nach EN ISO 4762“ meinen. Hier zeigt sich, wie Normen international werden: DIN = Deutsche Industrienorm, EN = Europäische Norm, ISO = International Organization for Standardization.

Infografik zum Weltnormentag
Zum zeigen VDI, und VDI die Vorteile der Normung (Bild: VDI).

Fun Fact: Auch die Abkürzung ISO ist Ergebnis einer Standardisierung, wie die Wikipedia weiß:

Übersetzungen des Namens Internationale Organisation für Normung ergeben verschiedene Abkürzungen, abhängig von der Sprache, zum Beispiel: IOS (International Organization for Standardization) auf Englisch oder OIN (Organisation internationale de normalisation) auf Französisch. Deshalb wählte man die einheitliche Kurzbezeichnung ISO, die vom griechischen Wort isos abstammt, das ‚gleich‘ bedeutet. Somit ist die Kurzbezeichnung in jedem Land und jeder Sprache einheitlich.

Mit der beginnenden Industrialisierung im 17. Jahrhundert konnten Dinge in Serie gefertigt und sehr genau reproduziert werden. Es entwickelte sich sehr schnell eine Spezialisierung, die es einem Unternehmen ermöglichte, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren und Komponenten hinzuzukaufen. Dank dem ersten Gewindestandard, der 1841 von Joseph Whitworth festgelegt wurde, passten plötzlich Schrauben eines Herstellers zu den Muttern eines anderen Herstellers. Dies war effizient, vereinfachte Reparaturen und beschleunigte die Entwicklung, weshalb sich Normen aller Art immer schneller entwickelten.

Am 14. Oktober 1946 beschlossen Delegierte aus 25 Ländern in London, eine internationale Organisation zur Erleichterung der Standardisierung zu schaffen. Die ISO wurde ein Jahr später gegründet. Deshalb wird an jedem 14. Oktober der Nutzen der Normung mit dem Weltnormentag gefeiert, wie der VDI in einer Pressemitteilung erläutert.

Normen und Standards machen das Leben einfacher. Durch sie passen Bankkarten weltweit in die vorgesehenen Schlitze oder das Kopierpapier in den Drucker. Die meisten Menschen bekommen in ihrem Alltag nicht allzu viel von Normen und Standards mit – weil eben fast alles reibungslos zueinander passt und funktioniert. Im Hintergrund sorgen diese aber dafür, dass die Welt so komfortabel und sicher ist, wie wir sie kennen. Sie legen Anforderungen an Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren fest und sorgen so beispielsweise dafür, dass unser Trinkwasser für Kinder und Erwachsene hygienisch einwandfrei ist.

Die Normung entwickelt sich ständig weiter und bildet damit die Herausforderungen und Trends der Welt ab. So stehen im Fokus des diesjährigen Wertnormentags diverse Normen rund um und .

Um zukünftig CO2-neutral produzieren zu können und die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, werden neue Technologien und Geschäftsmodelle entwickelt und neue Märkte entstehen. Damit diese reibungsfrei funktionieren, sind einheitliche Regeln erforderlich, die die Zusammenarbeit international fördern. Gut zu wissen: Schon heute gibt es zahlreiche Normen und Standards, die die digitale und grüne Transformation der Wirtschaft unterstützen. Hier einige Beispiele:

  • Umweltziele erreichen: Die internationale Norm DIN EN ISO 14001 legt Anforderungen an ein Umweltmanagementsystem fest, mit dem Organisationen ihre Umweltleistung verbessern, rechtliche und sonstige Verpflichtungen erfüllen und Umweltziele erreichen können. Weltweit sind rund 300.000 Unternehmen und Organisationen jedweder Größe und Branche – vom kleinen Dienstleistungsbetrieb über große Industrieunternehmen bis hin zu staatlichen Behörden – nach ISO 14001 zertifiziert.
  • Nachhaltiger Rohstoffkreislauf: Die trägt dazu bei, verwendete Rohstoffe wiederzuverwenden. Die internationale Norm DIN EN IEC 62430(VDE 0042-2) gibt wertvolles Wissen für die Umsetzung von Circular-Economy-Strategien im Design- und Produktionsprozess von Produkten. Unternehmen, die ihre Erzeugnisse umweltbewusst gestalten möchten, erhalten mit dieser Norm einen Leitfaden zur Strukturierung ihrer Prozesse und Produkte.
  • Wärmepumpe richtig einbauen: Wie heizen wir in Zukunft? Wärmepumpen zählen zu den heute und zukünftig wichtigen Energiesystemen. Damit Anlagen in Ein- und Mehrfamilienhäusern richtig geplant werden, gibt es die VDI 4645. Sie gibt Hinweise auf die erforderlichen Schritte von der Voruntersuchung und Konzepterstellung bis zur Detailplanung.
  • Power-to-X Wasserstofferzeugung: Wasserstoff ist eine der nachhaltigen Energiequellen von morgen. Die Erzeugung von Wasserstoff wird im Rahmen der Richtlinienreihe VDI 4635 „Power-to-X“ behandelt. Dahinter steht die VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt (GEU). Power-to-X bedeutet die Wandlung und Speicherung elektrischer Energie in einem Energieträger (Gas, Kraft- oder Rohstoff), Wärme (Power-to-Heat) oder einem Produkt (Grundstoff). Die Richtlinienreihe schafft ein einheitliches System zur Vergleichbarkeit bezüglich Mess- und Nachweismethoden oder der Angabe und Bezeichnung von Systemparametern.
  • Elektrisch fahren: Automobilhersteller treiben die Entwicklung vollständig oder teilweise elektronisch betriebener Fahrzeuge voran. Um die Batterien solcher Fahrzeuge aufzuladen, ist eine geeignete Ladeinfrastruktur erforderlich. Dafür müssen Fahrzeug, Ladestation und Stromnetz optimal zusammenspielen. Die Normenreihe DIN EN ISO 15118 hilft, die dafür notwendige Kommunikationsschnittstelle zu implementieren.
  • Vertrauenswürdige KI: Was darf Künstliche Intelligenz und wer trifft künftig wichtige Entscheidungen – das sind zentrale Fragen in der aktuellen Diskussion um KI-Entwicklung. Antworten gibt neuerdings die VDE Anwendungsregel VDE-AR-E 2842-61 als erster normativer Rahmen für den kompletten Lebenszyklus kognitiver Systeme.
  • KI in der Medizin nutzen: In der Medizin spielt die Bildanalyse in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, beispielweise, um Tumorgewebe von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Deep-Learning-Bilderkennungssysteme automatisieren diesen Prozess und verbessern so Qualität und Effizienz. Die DIN SPEC 13288 formuliert praktische Leitlinien für die Entwicklung und den Aufbau der Systeme, geht dabei auf den Umgang mit den Trainingsdaten ein und sorgt so für Vertrauen in die Anwendung von KI im medizinischen Bereich.
  • Klimafreundlich spülen: Es gibt viele Möglichkeiten, mit dem Geschirrspüler weniger Strom und Wasser zu verbrauchen. Nicht vorspülen, Öko- statt Kurzprogramm wählen sowie effiziente Geräte in der richtigen Größe kaufen und dabei auf das EU-Energielabel – gemessen nach DIN EN 60436 (VDE 0705-436) – achten. Übrigens: Eine Studie der Universität Bonn von 2021 zum Geschirrspülverhalten europäischer Verbraucher hat ermittelt, dass Geschirrspüler gegenüber dem Handabwasch durchschnittlich 50 Prozent Wasser einsparen – und 28 Prozent des Stroms.
  • Sauberes Trinkwasser: Der Klimawandel führt in Deutschland zu Wasserverlusten – mit Folgen auch für das Trinkwasser. Ziel der VDI 6023 ist es, die einwandfreie Trinkwasserqualität in der Trinkwasser-Installation zu bewahren. Dazu braucht es eine Verständigung aller Partner bei Planung, Erstellung, Betrieb und Instandhaltung.

Erarbeitet werden diese technischen Regeln von Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, , öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft. Gemeinsam entscheiden sie, welche Normen notwendig sind und was sie beinhalten sollen. Technische Regelsetzer wie DIN, DKE und VDI steuern den Prozess der Erstellung und Veröffentlichung – und feiern nicht zuletzt den Weltnormentag. Zu den wichtigsten deutschen Regelsetzern zählen DOIN, DKE und VDI.

Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) ist die unabhängige Plattform für Normung und Standardisierung in Deutschland und weltweit. Als Partner von Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft trägt DIN wesentlich dazu bei, die Marktfähigkeit von innovativen Lösungen durch Standardisierung zu unterstützen – sei es in Themenfeldern rund um die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft oder im Rahmen von Forschungsprojekten. Rund 36.500 Experten aus Wirtschaft und Forschung, von Verbraucherseite und der öffentlichen Hand bringen ihr Fachwissen in den Normungsprozess ein, den DIN als privatwirtschaftlich organisierter Projektmanager steuert. Die Ergebnisse sind marktgerechte Normen und Standards, die den weltweiten Handel fördern und der Rationalisierung, der Qualitätssicherung, dem Schutz der Gesellschaft und Umwelt sowie der Sicherheit und Verständigung dienen. DIN vertritt die deutschen Interessen im Europäischen Komitee für Normung (CEN) und in der Internationalen Normungsorganisation (ISO). Weitere Informationen unter www.din.de.

Die vom VDE getragene DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) ist die Plattform für rund 9.000 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zur Erarbeitung von Normen, Standards und Sicherheitsbestimmungen für die Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik. Normen unterstützen den weltweiten Handel und dienen u. a. der Sicherheit, Interoperabilität und Funktionalität von Produkten und Anlagen. Als Kompetenzzentrum für elektrotechnische Normung vertritt die DKE die Interessen der deutschen Wirtschaft in europäischen (CENELEC, ETSI) und internationalen Normenorganisationen (IEC). Darüber hinaus erbringt die DKE umfangreiche Dienstleistungen rund um die Normung und das VDE-Vorschriftenwerk. Mehr Informationen unter www.dke.de.

Seit mehr als 165 Jahren gibt der VDI wichtige Impulse für den technischen Fortschritt. Mit seiner einzigartigen Community und seiner enormen Vielfalt ist er Gestalter, Wissensmultiplikator, drittgrößter technischer Regelsetzer und Vermittler zwischen Technik und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Er motiviert Menschen, die Grenzen des Möglichen zu verschieben, setzt Standards für nachhaltige Innovationen und leistet einen wichtigen Beitrag, um Fortschritt und Wohlstand in Deutschland zu sichern. Der VDI gestaltet die Welt von morgen – als Schnittstelle zwischen Ingenieuren, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. In seinem einzigartigen multidisziplinären Netzwerk mit mehr als 135.000 Mitgliedern bündelt er das Wissen und die Kompetenzen, die nötig sind, um den Weg in die Zukunft zu gestalten. Informationen zum VDI-Fokusthema Zirkuläre Wertschöpfung unter www.vdi.de/zirkulaere-wertschoepfung.

Nicht einmal, wenn wir uns nun ein Bier auf den Weltnormentag genehmigen, kommen wir ohne Norm aus, denn dieses kommt entweder mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer „NRW-Flasche in Vichyform“ nach DIN 6075-1, Packmittel – Flaschen – Teil 1: Vichyform 1 oder aus einer Schankanlage nach DIN 6650-10, Getränkeschankanlagen – Teil 10: Qualitative Anforderungen an den Bierausschank.

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2 Kommentare

  1. Michael Broda

    Was ich leider bis heute trotz intensiver Recherche nicht herausfinden konnte: Die erste Ausgabe von DIN 6075 ist bereits im Januar 1942, also mitten im zweiten Weltkrieg erschienen, damals noch unter dem Titel „Flaschen – Wasserflaschen, Vichyform“, also seinerzeit explizit nur vorgesehen für Wasser. Doch warum ist es ausgerechnet eine „Vichyform“? Bestimmt hat die französische Stadt Vichy, in der es ja Thermalquellen gibt, etwas damit zu tun. Aber was genau?

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