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Industrie 4.0: Streitgespräch in der Smart Factory

Im Onlineauftritt des Maschinenmarkt habe ich einen Hinweis auf ein sehr interessantes Video gefunden: Die Smart Factory Kaiserslautern ist eines der Zentren der in Deutschland und damit der richtige Ort für ein Streitgespräch über dieses Thema. Robert Weber, Geschäftsführer der Industrial Newsgames GmbH, brachte im Auftrag der Hannover Messe für einen Facebook-Livestream zwei sehr gegensätzliche Protagonisten zusammen:

  • Prof. Syska, Robert Weber und Prof. Zühlke im Streitgespräch zu Industrie 4.0
    Prof. Syska, Robert Weber und Prof. Zühlke im Streitgespräch zu Industrie 4.0 (v.l., Screenshot aus dem Video).

    Prof. Dr. -Ing. Andreas Syska ist Professor für Produktionsmanagement an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach und einer der profiliertesten Kritiker der Industrie 4.0

  • Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Detlef Zühlke ist Inhaber des Lehrstuhls für Produktionsautomatisierung (pak) an der Technischen Universität Kaiserslautern und leitet den Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme (IFS) am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) GmbH. Damit ist er auch der Hausherr der Smart Factory.

Interessant finde ich die Ausführungen von Prof. Zühlke ziemlich zu Beginn, dass Automatisierung notwendig sei, weil manuelle Arbeit hier zu teuer ist. Der eigentliche Knaller für mich ist seine folgende Aussage, dass die zunehmende Individualisierung uznd der Anspruch der Konsumenten, heute bestellte Waren morgen zu erhalten, die Produktion aus den Billiglohnländern zurückbringt. Da zäumt sich sozusagen die Digitalisierung von hinten auf, bisher sieht man gerne die Digitalisierung der Produktion und der Produkte als Ausgangspunkt der Digitalisierung unserer gesamten Welt. Zühlke hat meiner Meinung nach völlig Recht: Der eigentliche Treiber ist der – heute schon – digitale Konsument.

Ein Indiz für diese Rückkehr kann man im Modebereich beobachten. Seit viele Ketten nicht zwei Kollektionen pro Jahr, sondern alle paar Wochen neue Ware anbieten,. ist der Transportweg aus Asien oft schlicht zu weit und dauert zu lang, um auf Trends reagieren zu können. Deshalb wandert viel Kleiderproduktion wieder an die Ränder Europas zurück. Mit individualisierten Produkten wird die Transportzeit noch kürzer und die Wege müssen weiter schrumpfen. Nun brauchen wir in Deutschland und Europa nur noch die gut ausgebildeten Mitarbeiter, die diese automatisierten Fabriken bedienen. Denn auch das sagt Prof. Zühlke: „Das war der Fehler der 80er Jahre, menschenleere Fabriken sind Unsinn.“

Uneinig sind sich die beiden, wenn es um die Gestalt der Fabriken geht. Prof. Syska sieht die Fabrik sozusagen als Auslaufmodell und sieht in 3D-Druck und eher Fablab-ähnlichen, dezentralen Strukturen in Netzwerken und Kooperationen – und Industrie 4.0 biete dort keine Antwort. Prof. Zühlke sieht das diametral anders und sieht Industrie 4.0 als Basis für modulare Fabriken, die sich immer wieder neu zusammensetzen zu können: „Wertschöpfungsnetzwerke der Zukunft werden sehr viel stärker in solchen Bausteinfabriken zusammengesetzt.“

Das Video ist wirklich sehenswert, vor allem im zweiten Teil, wenn es um die Auswirkungen auf den Menschen geht.

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