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Trumps Agenda zur Digitalisierung: Kohlekumpel statt Information Warrior?

Während in der Industrie die Begeisterung für und der Hype um die Digitalisierung ungebrochen ist, scheint sich in der Politik ein Trend durchzusetzen, der sich in imaginäre 50er-Jahre zurücksehnt, ohne Globalisierung und Digitalisierung, dafür mit Jobs für richtige Kerle. Donald Trumps Antrittsrede war neben allen nationalistischen Tönen ein gutes Beispiel dafür: Kein Wort zu Digitalisierung, oder anderen zukunftsgerichteten Technologien. Die Globalisierung wurde komplett verteufelt. Ist das für Europa die Chance, die USA im schon fast verloren geglaubten Rennen um die Zukunft einzuholen oder gar zu überholen?

Was bedeutet Donald Trumps Präsidentschaft für die Zukunftstechnologien (Bild: White House Photographer).
Was bedeutet Donald Trumps Präsidentschaft für die Zukunftstechnologien? (Bild: White House Photographer).

Barack Obamas Amtszeit fiel in die Zeit, in der Social Media und die Digitalisierung groß wurden, und er hat diese Herausforderung mit vielerlei Initiativen angenommen, unter anderem mit dem Tech Surge, einer Initiative, die die Verwaltung ins digitale Zeitalter transferieren sollte, mit der Ernennung eines Chief Technology Officers (CTO) für die Regierung, aber auch mit der Unterstützung von MINT-Kampagnen und einer Maker Faire im Weißen Haus. Übrigens alles Initiativen, die ich mir von unserer Regierung auch wünschen würde. Zudem trieb Obama die Präsenz der US-Regierung in den sozialen Medien voran.

In seiner „State of the Nation“-Rede 2013 nannte Obama 3D-Druck als eine der Technologien, die den Wiederaufbau industrieller Jobs ermöglichen würden:

Last year, we created our first manufacturing innovation institute in Youngstown, Ohio.  A once-shuttered warehouse is now a state-of-the art lab where new workers are mastering the 3D printing that has the potential to revolutionize the way we make almost everything.  There's no reason this can't happen in other towns.

In Trumps Inauguration Speech dagegen war eher von Handarbeit, Bauindustrie und Fabriken die Rede:

One by one, the factories shuttered and left our shores, with not even a thought about the millions upon millions of American workers left behind. […]

We will build new roads, and highways, and bridges, and airports, and tunnels, and railways all across our wonderful nation. […]

We will get our people off of welfare and back to work — rebuilding our country with American hands and American labor. […]

We stand at the birth of a new millennium, ready to unlock the mysteries of space, to free the Earth from the miseries of disease, and to harness the energies, industries and technologies of tomorrow.

Präsident Obama interessierte sich sehr für 3D-Druck, Maker und andere moderne Trends (Bild: @ObamaWhiteHouse).
Präsident Obama interessierte sich sehr für 3D-Druck, Maker und andere moderne Trends (Bild: @ObamaWhiteHouse).

Das erste Opfer seiner Präsidentschaft waren denn auch die Regierungs-Webseiten, auf denen es um grüne Energie und Klimawandel ging. Gestern empfing Trump die Chefs der großen Konzerne und versprach ihnen, „lästige Regularien2 zu Umwelt- und Arbeitsschutz zu lockern.

Der dringend notwendige Wiederaufbau der Infrastruktur ist ein Projekt Obamas, das jahrelang von den Republikanern im Kongress blockiert wurde. Er wird Arbeitsplätze bringen – aber diese hätten schon lange da sein können. Der Ansatz ist richtig, beschreibt aber eher die Wiederherstellung eines Zustands, der in einer Industrienation eigentlich selbstverständlich sein sollte.

Die Jobs in der Industrie, die Trump zurückholen will, sind ja nicht nur wegen billigerer Arbeitskosten und laxerer Regularien verschwunden, sondern vor allem der Produktivitätssteigerung – auch in den USA wird Kohle nicht mehr mit dem Bohrhammer aus der Erde geholt, sondern mit Maschinen und Baggern. Autofabriken benötigen weit weniger Personal als früher. Der zweite Grund ist die verteufelte Globalisierung: So groß der US-Markt auch sein mag, mit Autos, die sich nur in den USA verkaufen, Gas-Guzzlern, Monstertrucks und anderem ist im Rest der Welt kein Stich zu machen und eine weltweit agierende Autoindustrie nicht zu betreiben. Die US-Autohersteller haben das durchaus verstanden und beispielsweise 2016 mit europäischen Modellen (die Trump wahrscheinlich nicht mitzählt) in Deutschland Platz 5 (Opel/GM) und 6 (Ford) der Zulassungsstatistik erobert. Fun-Fact am Rande: der größte Autoexporteuer der USA ist – richtig, BMW.

Die Industrie der Zukunft sieht sicher anders aus als Konzerne heute

Smog in Zhengzhou: Kohleverstromung kostet mehr als Geld (Bild: Sammy Corfield/Wikimedia)
Smog in Zhengzhou: Kohleverstromung kostet mehr als Geld (Bild: Sammy Corfield/Wikimedia)

Kaum jemand bestreitet, dass erneuerbare Energien, künstliche Intelligenz zu den wichtigsten Zukunftstechnologien zählen. In China sind die Folgen ungebremster Kohleverstromung und laxer Umweltregularien im wahrsten Sinn des Worts greif- und sichtbar, wenn die Sonne wieder einmal hinter den Smogschwaden nicht mehr sichtbar ist. Große, monolithische Konzerne sind ein Auslaufmodell, Startups sind schneller und flexibler – das haben Konzerne wie Siemens bei uns klar erkannt, Tesla ist ein anderes gutes Beispiel.

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Wird Trumps Regierungszeit ein „digitales schwarzes Loch“, in der unsere Industrie aufholen kann? Zunächst einmal glaube ich nicht an einen echten Rückstand; die US-Digitalriesen mögen im Consumermarkt einen Vorsprung haben, im Businessgeschäft – Fertigungsmaschinen, autonome LKW und andere – sind deutsche Unternehmen gut aufgestellt.

Zum anderen darf man nicht vergessen, dass in den USA der Staat nicht als starker Lenker auftreten kann, vor allem die US-Regierung nicht. Die Gesetzgebung der Bundesstaaten hat oft mehr Einfluss auf das Geschäftsleben als die der US-Regierung, siehe die Umweltgesetzgebung, in der Kalifornien seit Jahrzehnten ein Vorreiter ist. Facebook, Google, Amazon und Konsorten werden auch ohne Protektion Trumps weiter forschen und die Zukunft formen – und das sollte uns durchaus Sorgen machen.

US-Cars wie der Ford F-650 sind in Europa kaum zu verkaufen, trotzdem sind die US-Firmen erfolgreich (Bild: Frank Schwichtenberg/Wikimedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0).
US-Cars wie der Ford F-650 sind in Europa kaum zu verkaufen, trotzdem sind die US-Firmen erfolgreich (Bild: Frank Schwichtenberg/Wikimedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0).

Vor allem aber bunkern die US-Firmen, unter anderem auch CAD-Hersteller wie Autodesk, riesige Geldmengen außer Landes, weil die bisherige Steuergesetzgebung den Rücktransfer von Gewinnen aus dem Ausland mit relativ hohen Steuern belegte. Trump will dies ändern, was die Rückführung der Gelder ermöglichen wird und den Konzernen weitere verfügbare Milliarden verschafft. Das wird zwei Auswirkungen haben: Zum einen haben die Unternehmen damit viel mehr Geld für Forschung und Übernahmen in den USA zur freien Verfügung, zum anderen hatten die Unternehmen bisher Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Ausland gegründet, um aus dem „foreign money“ Vorteile zu ziehen. Dieser Zwang fällt nun weg, die Unternehmen können die Forschung und Entwicklung wieder stärker in den USA zentralisieren.

Es wird sich also im Saldo nicht viel ändern, die deutsche und europäische Industrie muss weiterhin sehen, dass sie an der Entwicklung der Digitalisierung teilhat und sie gestalten kann.

 

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2 Kommentare

  1. Stefan Kühner

    Ihrer Analyse, sehr geehrter Herr Steck, stimme ich weitgehend zu. Noch folgende kurzen Anmerkungen.
    Wenn Ford wie angekündigt sein neues Werk statt in Mexiko nun doch in den USA erstellt wird, wird dieses die neuesten Maschinen, Roboter und Fertigungsmethoden einsetzen. Die Zahl der „Tausende Bandarbeiter“ im Automobilbau ist längst Vergangenheit und kommt auch durch Trump nicht zurück.

    Auch bei den Löhnen werden die Automobilkonzerne nicht aus Liebe zu Trump auf Ihre Gewinnmargen verzichten wollen. Es sei denn die Ingenieure und Arbeiter sind bereit zu Minimallöhnen zu arbeiten (wie in Mexiko). Das aber schafft weder Kaufkraft noch Topprodukte.

    Und Google und Apple werden vermutlich auch nicht in den ‚rusty belt‘ gehen, um ihre Fahrzeuge dort zu bauen. Für deren Fahrzeuge braucht es völlig andere Qualifikationen wie bei den ’starken Kerls‘ im letzten Jahrtausend.

    Ein letzter Aspekt, wenn Fiat Chrysler, Ford und andere Ihre Fabriken in Mexiko schließen und tatsächlich in den USA investieren, dann muss Trump wohl eine richtig dicke und hohe Mauer bauen, um zu verhindern, dass die mexikanischen Arbeiter der Arbeit nachlaufen können.

    Ich befürchte, da wird noch manche Hoffnung unerfüllt bleiben.
    Das heißt natürlich nicht, dass wir uns überheblich hinstellen und zugucken können.

    • Ralf Steck

      …und das Ford-Werk war wohl nur ein kleines mit 700 Mitarbeitern und stand vorher schon auf der Kippe. Also kein wirklicher Schlag gegen die Arbeitslosigkeit.

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