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Freie CAD-Systeme: Effizienz kostet Geld

Ich arbeite seit dem Frühjahr an einem Buch namens [amazon text=CAD für Maker&asin=3446450203], das Ende 2016/Anfang 2017 im Hanser Verlag erscheint. Dabei habe ich viel über die Arbeit mit verschiedenen frei nutzbaren Systemen gelernt und mir ist im Vergleich mit den Profisystemen, mit denen die meisten meiner Leser arbeiten dürften, Verschiedenes aufgefallen, gerade. Zum Beispiel, wie effizient Profisysteme tatsächlich sind.

In TinkerCAD entstand für mein Buch "CAD für Maker" ein Griff für ein Laserschwert.
In TinkerCAD entstand für mein Buch „“ ein Griff für ein Laserschwert.

Die Zielgruppe des Buchs sind CAD-Anfänger, die in die schöne Welt der 3D-CAD-Modellierung einsteigen möchten. Ich denke da beispielsweise an die vielen Menschen, die sich einen 3D-Drucker angeschafft haben. Viele drucken erst einige Zeit die Modelle, die man auf Thingiverse findet, stellen dann aber fest, dass sie auch eigene Ideen umsetzen möchten. Hier setzt CAD für Maker an, in vier Projekten führe ich in die Modellierung mit TinkerCAD, der 123D-Reihe und Meshmixer, in FreeCAD und in Sketchup ein. Als Referenz für die Arbeitsweise im Profisystem arbeite ich im Freecad-Kapitel zusätzlich noch mit Onshape.

Die genannten Systeme kann man nach ihrer Herkunft in drei Gruppen unterscheiden: TinkerCAD, Meshmixer, 123D Catch und 123D Make, die für die ersten beiden Projekte genutzt werden, gehören Autodesk und wurden von den erfahrenen CAD-Entwicklern dort programmiert oder in den letzten Jahren zugekauft. In jedem Fall ist es ein professionelles Unternehmen und eine ebenso professionelle Projektsteuerung, die die Entwicklung dieser Systeme vorantreiben. Ähnlich ist es mit Sketchup, das aber aus dem Architekturbereich stammt. Mit Trimble steht ein kommerzieller Anbieter hinter der Software.

FreeCAD ist ein Freiwilligenprojekt

Der „Außenseiter“ in diesem Umfeld ist FreeCAD, eine Software, die Open Source von Freiwilligen programmiert wird und auf dem ebenfalls in Open Source verfügbaren OpenCas.Cade-Kernel basiert, der in grauer Urzeit bei Matra Datavision als Kern des Euklid-Nachfolgers entstand. Mein Eindruck von Freecad ist, dass viele Programmierer mit hohen Ansprüchen an die Implementierung einer Funktionalität herangehen und dabei vom Kernel alles Wichtige an Basisfunktionalität geliefert bekommen. Irgendwann im Laufe der Implementierung erlahmt dann der Schwung, mit dem man an die Aufgabe herangegangen ist.

In FreeCAD lassen sich komplexe Aufgaben umsetzten,. aber leider nicht sehr effizient (Modell von Freecad-Forum-User ppemawm).
In FreeCAD lassen sich komplexe Aufgaben umsetzten,. aber leider nicht sehr effizient (Modell von Freecad-Forum-User ppemawm).

Viele Funktionen wirken nur halbherzig fertiggestellt, so kann man Skizzen nur zum Schneiden nutzen, wenn sie auf der zu schneidenden Geometrie liegen. Es ist nicht möglich, Skizzen auf einer der Grundebenen zu zeichnen und dann durch alle oder einige Geometrien zu schieben. Es fehlt zudem eine „Von“-Definition, der Schnitt beginnt immer auf der Skizzenebene.

Bitte verstehen Sie mich richtig: Ich bewundere die Menschen, die ihre Freizeit opfern, um solche Programme zu entwickeln, ich nutze auf mehreren Rechnern aktiv Linux und andere Soft- und Hardware, die von Freiwilligen ohne (allzu viele) kommerzielle Hintergedanken entwickelt wurden. Aber gerade FreeCAD zeigt im Vergleich zu den „Großen“sehr gut, was ein gutes kommerzielles System ausmacht: Ein Entwicklungsplan, der auch durchgehalten und durchgesetzt wird, Automatismen, die die Arbeit erleichtern und viel Arbeit und Feinschliff an der Benutzeroberfläche.

Ein Beispiel: In Systemen wie SolidWorks, Creo, Inventor oder auch Onshape gibt es eine automatische Bemaßungsfunktion. Sobald man zwei parallele Linien oder eine Linie und einen Punkt markiert, versteht das System, dass es um ein Abstandsmaß geht. Treffen sich zwei Linien, ist wahrscheinlich ein Winkelmaß gewünscht und wenn ich einen Kreis anklicke, werde ich sehr wahrscheinlich Durchmesser oder Radius festlegen wollen. In FreeCAD sind das alles eigene Buttons: Der Anwender muss festlegen, ob er ein Horizontal- oder Vertikalmaß anbringen möchte, ob ein Winkel oder ein Radius zu bemaßen ist. Das ist im Prinzip kein Problem, aber wenn man danach mit einem Profiprogramm arbeitet, merkt man, wie viel flüssiger die Arbeit dort erledigt werden kann.

Effizienz erfordert Aufwand, den man nicht sieht

Hier zeigt sich, wo sehr viel Arbeit in der Entwicklung der professionellen Systeme hineinfließt, die nichts oder nicht viel mit der eigentlichen Funktionalität zu tun hat: Ich kann in FreeCAD sehr schön und auch sehr komplexe Geometrien modellieren, aber es hakt eben an vielen Stellen – weil die Entwicklung offensichtlich nicht gelenkt wird und wenig Hirnschmalz in die Effizienzoptimierung der Oberfläche und Bedienung fließt. Da gefallen mir die ausgereiften Automatismen der Profisysteme schon viel besser. Man kann sich wesentlich besser auf die eigentliche Aufgabe – die Modellierung eines Bauteils – konzentrieren, statt mit der Bedienung zu kämpfen.

Es ist ein Privileg, mit moderner, professioneller CAD-Software arbeiten zu können. FreeCAD bietet zum Glück die Möglichkeit, auch in der Freizeit beispielsweise mit Parametrik zu modellieren. Eine andere Möglichkeit ist es, Profisysteme kostenlos zu nutzen – die Möglichkeiten dafür habe ich in einem immer noch vielgelesenen Blogbeitrag zusammengetragen.


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