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Inneo: Informative Fachkonferenz Digitalisierung in Stuttgart – Teil 2

Am 7. Mai 2024 veranstaltete Inneo im Stuttgarter Kongresszentrum ICS eine Doppelveranstaltung: Neben der Fachkonferenz Digitalisierung 2024, bei der es vor allem um die technische Software rund um PTC- und Ansys-Produkte ging, fand erstmals parallel die Keyshot World statt. Hier trafen sich die Anwender und Interessenten der Visualisierungssoftware zu ihrem jährlichen Update zu Technologie und Methoden. Die Fachkonferenz bot Keynotes und Kundenvorträge, Fachvorträge und vor allem viel Gelegenheit zum Gespräch – mit -Vertretern und anderen Anwendern. Im Folgenden nun der zweite Teil meines Berichts, der erste Teil findet sich hier.

Prof. Dr. Danilo Beuche, VP Strategy and Go To Market, PTC
Prof. Dr. Danilo Beuche, VP Strategy and Go To Market, PTC: „Perfekte Software existiert nicht!“

Einen interessanten Vortrag lieferte auch Prof. Dr. Danilo Beuche, VP Strategy and Go To Market, PTC. Er war bis zur Übernahme durch PTC im Oktober 2023 Mitgründer und CEO von pure-systems, einem Anbieter für ganzheitliches und Product Line Engineering (PLE). Deren Lösung pure::variants bietetseit Längerem Konnektoren zu PTCs -Lösung Codebeamer und Windchill.

Beuche zeigte, wie wichtig ein strategischer Aufbau des Portfolios im Softwarebereich ist. „Software muss gewartet werden, weil es keine perfekte Software gibt“, war sein Startpunkt. Das bedeutet aber, dass mit jeder weiteren Software-Produktlinie der Wartungsaufwand steigt, so dass auch die innovativste Entwicklungsmannschaft in endlicher Zeit komplett mit Wartungsarbeiten beschäftigt ist, statt neue Produkte zu entwickeln: „Software maintenance eats software for breakfast.“

Der Ausweg aus diesem Dilemma ist in der Mechanikentwicklung wohlbekannt: Varianten und Baukästen. pure::variants unterstützt das Übertragen dieser Vorgehensweise auf die Softwarenentwicklung, indem Gruppen von Produkten als ein Produkt mit Varianten entwickelt werden – die 150%-Stückliste der Mechanik entspricht dem Feature Model der Softwareentwickler. pure::variants organisiert und verwaltet die zugehörigen Regeln und Parameter – wenn beispielsweise eine Softwareversion für bestimmte Regionen unterschiedlich aussehen soll, lässt es sich das über einen Parameter steuern, welche Variante kompiliert wird. Ein anderes Beispiel ist das Bereitstellen von Software für verschiedene Hardware- oder Betriebssystemplattformen. So lassen sich auch die Lebenszyklen von Hard- und Software entkoppeln, indem die von anderer Hardware betroffenen Codeteile in eine Variante ausgelagert werden. „Weniger ist mehr“, schloss Beuche seinen Vortrag, „je weniger Software, desto einfacher zu warten.“

Dr. Isabelle Faus, Head of Software Methods, Tools & Products, iss innovative software services GmbH, berichtete in einem sehr spannenden Vortrag auf der Fachkonferenz über „Codebeamer als Tool für professionelles Anforderungsmanagement bei Balluff.“ Sie zeigte, wie sehr ungeeignet Word-Dokumente für das Anforderungsmanagement sind und dass die Einführung von Codebeamer zwar einige Anstrengungen erfordert, sich am Ende aber sehr auszahlt. Dabei kommt es unter anderem darauf an, Schulungen so zu terminieren, dass die Anwender das neue Wissen zeitnah einsetzen und verfestigen können. Wichtig sei es auch, schnell etwas bieten zu können, um die Akzeptanz zu erhöhen. Klare Aufträge und eine Gruppe, die alle nötigen Fertigkeiten mitbringt, sind weitere Erfolgsfaktoren.

Fachkonferenz Digitalisierung
Codebeamer ist inzwischen in der Auomobilindustrie nicht mehr wegzudenken.

Das wichtige Thema ISO-GPS und MBD im Zusammenhang mit der Messprogrammerstellung fand so großen Anklang, dass viele Besucher beim Vortrag von Beata Schönberg, Referentin geometrische Produktspezifikation und -dokumentation bei der Zeiss AG, stehen mussten. Schönberg beschrieb eine vom CAD-Modell bis zum Messplan, bei der möglichst viele Informationen digital verarbeitet werden.

„Ohne kein MDB“, so Schönberg. Die neue Product Manufacturing Information (PMI)-Norm ermöglicht es, am 3D-Modell alle Informationen anzuhängen, die früher in Zeichnungen hinterlegt waren, von Toleranzen über Oberflächen bis zu Bearbeitungshinweisen – und das in maschinenlesbarer Form. ISO GPS ermöglicht es, die Qualität zu erhöhen, Angsttoleranzen zu vermeiden und den Bemaßungsaufwand zu reduzieren. Wichtig ist die Möglichkeit, die Merkmale zu nummerieren, um Messprotokolle zu erhalten, die zwischen verschiedenen Lieferanten vergleichbar sind.

Das Anbringen der PMI am 3D-Modell in maschinenlesbarer Form ermöglicht deren direkte Weiterverwendung in anderen Programmen, beispielsweise in zur Toleranzanalyse. Die Messdaten müssen nicht erst mühsam in Cetol eingetippt werden, sondern die Software liest die Daten direkt beim Import des MDB-Modells aus ein. Schönberg zeigte, wie mithilfe von GPS Toleranzen aufgeweitet werden können. Die vier Schraublöcher der Befestigung eines Schrittmotors werden sehr eng zueinander toleriert, das gesamte Lochbild im Bauteil dagegen mit einer gröberen Toleranz versehen. Das kann merkbar Kosten sparen. Die Referentin zeigte zudem eine Software zur automatischen Bauteilkalkulation, die ebenfalls auf Basis der PMI arbeitete.

Interessant wurde es dann bei der automatischen Messplanerstellung. Die Zeiss-Software Calypso kann aus den Toleranzen im Creo-Modell und den Merkmalsnummern, die in der Inneo-Software MBD Genius Tools  erstellt wurden, weitgehend automatisch einen Messplan erstellen, der dann auf einer Messmaschine abgearbeitet werden kann. Die Genius Tool sind zudem in der Lage, gewisse Fehler in der Semantik der GPS-Informationen zu erkennen. So lassen sich Fehler wie nicht zugeordnete Toleranzen schnell erkennen und verbessern.

Insgesamt gab es viel zu sehen, hören und zu lernen auf der Inneo Fachkonferenz Digitalisierung. Das Unternehmen denkt Digitalisierung in großen Zusammenhängen und ganzheitlich, das zeigten nicht nur die Vorträge, sondern auch die Fachausstellung.

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