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BCN3D: Neue 3D-Drucktechnologie Viscous Lithography Manufacturing (VLM)

Meine spanischen Freunde von BCN3D haben schon im März eine neue Drucktechnologie vorgestellt, die einen ganz neuen Ansatz beim Druck mit Harzen umsetzt: Viscous Lithography Manufacturing (). Statt in einem Tank über Kopf, wie die meisten aktuellen Harzdruckverfahren, arbeitet mit einem dickflüssigen Harz, das Schicht für Schicht oben aufgetragen wird. Das neue Verfahren ermöglicht saubere, zuverlässige Drucke mit einer Vielzahl von Werkstoffen, die bisher nicht im eingesetzt werden konnten.

VLM von BCN3D
VLM druckt „oben von unten“ – das Resin befindet sich auf der Unterseite einer Trägerfolie und wird von oben belichtet (Alle Bilder: BCN3D).

Das neue Verfahren arbeitet mit einer Transferfolie, auf deren Unterseite eine dünne Schicht des Harzes aufgetragen wird. Durch die hohe Viskosität klebt das Harz an der Folie, so dass es über der Bauplattform oder dem Bauteil, Positioniert werden kann. Dann belichtet ein LCD-Bildschirm die gewünschten Stellen mit UV-Licht, um das Harz an diesen Stellen zu härten. Die Folie fährt zur Seite wobei das restliche Harz wieder in den Tank gestreift wird und wiederverwendet werden kann. Dann wird die Folie wieder beschichtet und der Vorgang startet von neuem. Durch die Anordnung zweier Tanks links und rechts des Bauraums lassen sich entweder zwei unterschiedliche Harze verarbeiten oder die Druckgeschwindigkeit verdoppeln.

Das patentierte lithografiebasierte 3D-Druckverfahren ist in der Lage, Harze zu verarbeiten, die 50-mal zähflüssiger sind als der Industriestandard. Ohne strenge Beschränkung auf eine niedrige Viskosität erhalten Chemieunternehmen die Freiheit der Formulierung, da dem Harz eine ganze Reihe neuer Inhaltsstoffe und Modifikatoren hinzugefügt werden können, um die gewünschte Wirkung auf die thermischen und mechanischen Eigenschaften zu erzielen. VLM verarbeitet Harze, die eine dreifach höhere Schlagzähigkeit für starre Materialien und eine um 200 % höhere Reißfestigkeit im Vergleich zu Standardformulierungen der Industrie aufweisen.

VLM verwendet Monokomponenten-Harzformulierungen bei Raumtemperatur, um Einschränkungen der Topfzeit zu vermeiden und die Rüstzeiten zu verkürzen. Darüber hinaus wird mit VLM die Abfallvermeidung zur Realität: Da das Harz gefiltert und rezirkuliert wird, wird jeder Tropfen Harz schließlich zu einem gedruckten Teil.

Durch die Verwendung einer Lichtquelle, die aus UV-Licht und einem LCD-Bildschirm besteht, liefert VLM eine konstante Zeit pro Schicht, unabhängig davon, ob wir ein oder 100 Teile auf einmal drucken. Da das Verfahren nicht durch die Größe der Wanne, eine komplexe Temperatur oder komplizierte Komponenten eingeschränkt ist, ist für eine Vergrößerung lediglich ein größerer LCD-Bildschirm erforderlich.

Viscous Lithography Manufacturing (VLM)
Das VLM-Harz ist bis zu 50-mal dichflüssiger als übliche 3D-Druckharze.

Das auf Spezialmaterialien spezialisierte Unternehmen Arkema war durch eine gemeinsame Entwicklungsvereinbarung (Joint Development Agreement, JDA) an diesem Prozess beteiligt, in der die beiden Unternehmen gemeinsam neue Materialien entwickeln, die die Besonderheiten des VLM nutzen, um Eigenschaften zu erzielen, die mit anderen harzbasierten 3D-Druckverfahren nicht erreicht werden können. Als globaler Hauptakteur in der 3D-Druckindustrie und Pionier bei der Entwicklung leistungsstarker fotohärtbarer Harze nutzte Arkema seine jahrzehntelange Erfahrung, um sicherzustellen, dass die Harze für VLM von höchster Qualität sind.

VLM-basierte Lösungen werden weniger als 50.000 Euro kosten und eine kompakte Grundfläche, keinen speziellen Raum und keine kritische Infrastruktur benötigen. Diese niedrige Einstiegshürde in Kombination mit dem großen Druckvolumen und dem hohen Durchsatz sorgt dafür, dass die Fixkosten der Lösung im Vergleich zu anderen Verfahren am niedrigsten sind. Durch den Einsatz von VLM sind die Kosten pro Teil deutlich niedriger als bei pulverbasierten und harzbasierten Technologien.

Damit die gesamte Branche von diesem Durchbruch profitieren kann, hat BCN3D das VLM Technology Adoption Program entwickelt, das sich an Unternehmen jeder Art und Größe richtet. Das neue Anwendungszentrum wird von speziellen AM-Spezialisten betrieben und beherbergt die kommenden VLM-basierten Hardware-Lösungen.

Als neuen Entwicklungspartner für die VLM-Technologie konnte BCN3D jetzt Adhesive Technologies gewinnen, den weltweit führenden Anbieter von Klebstoffen, Dichtstoffen und funktionalen Beschichtungen. Die Materialien, die derzeit von Henkel und BCN3D entwickelt werden, können noch nicht in vollem Umfang offengelegt werden; einer der Hauptforschungsbereiche sind jedoch elastomere Anwendungen – ein Bereich, der zweifellos von hochviskosen Harzen profitiert. Diese Materialien können einen hohen Anteil an Oligomeren enthalten, um ein locker vernetztes Polymernetzwerk zu erhalten: eine Struktur, die mechanischen Belastungen flexibel standhalten kann, sich wie ein industriell geformtes Elastomer verhält und verbesserte mechanische Eigenschaften aufweist.

Elastomer Werkstoff von Henkel
Gemeinsam mit Henkel entwickelt BCN3D Elastomer-Werkstoffe für VLM.

„BCN3D hat eine bahnbrechende Technologie vorgestellt, die das Drucken hochviskoser Harze ermöglicht“, sagt Sam Bail, Director of 3D Printing & Partnerships bei Henkel. „Thermische und mechanische Eigenschaften werden durch Additive verbessert, die normalerweise die Viskosität der Harze erhöhen, was in anderen Fällen den Druck erschwert. Das BCN3D-Team hat eine neuartige Technologie entwickelt, die die Beschränkungen der Viskosität aufhebt und den Druck einer breiten Palette neuer Materialien ermöglicht, wovon wir uns in den letzten Jahren der Zusammenarbeit aus erster Hand überzeugen konnten. Wir freuen uns darauf, zu sehen, welche enormen Auswirkungen die VLM-Technologie zusammen mit den neuen Harzen von Henkel Industrial auf den additiven Markt haben wird.“ Die 3D-Druckharze von Henkel werden im neuen Anwendungszentrum von BCN3D eingesetzt, wo das VLM Technology Adoption Program stattfindet.

Aktuell sind also noch keine Geräte verfügbar, aber es wird mit Partnern fleißig geforscht und an der Alltagstauglichkeit der Technologie gearbeitet. Einer dieser Partner ist der Autoglashersteller Saint Gobain. Dieser steuerte einen Anwendungsfall bei, bei dem in 7 Tagen 7000 Positioniervorrichtungen mit VLM hergestellt wurden, für 0,79 € pro Teil und einer anschließenden jährlichen Einsparung von 70.000 Euro im Vergleich zum aktuellen Fertigungsverfahren.

BCN3D scheint hier etwas Großem auf der Spur zu sein, das mehrere interessante Schwerpunkte des 3D-Drucks vereinigt: Neue Materialien, praxistaugliche Elastomere, kein Abfallmaterial, hohe Geschwindigkeiten und moderate Kosten – das alles hört sich spannend an und ich freue mich auf die ersten kommerziell verfügbaren Geräte.

 

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