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3DExperience World 2020: Der Schwenk ist geschafft

Wenn man eine bekannte Marke wie „ World“ zugunsten einer neuen Benennung aufgibt und damit auch eine neue Produktstrategie verfolgt, wird die erste „neue“ Veranstaltung sicher kritischer betrachtet, als wenn es „nur“ eine weitere gewesen wäre. Insofern kann man konstatieren, dass die erste 3DExperience World in Nashville für Dassault Systèmes und SolidWorks ganz überwiegend erfolgreich war.

SolidWorks-CEO Gian Paolo Bassi konnte zur World 2020 knapp 6.000 Besucher begrüßen.

Mit etwa 6.000 Besuchern blieb die 3D Experience World 2020 in der Größe etwas hinter der des letzten Jahres mit damals 7.000 zurück, was sicher auch am Veranstaltungsort liegt. Die „City of Music“ bietet einfach weniger Einzugsgebiet für lokale Besucher als Los Angeles, wo die Veranstaltung 2019 stattfand. Im generellen Aufbau der Veranstaltung mit Keynotes und hunderten von Sessions hat sich außer dem Namen wenig verändert, die General Sessions hinterließen bei mir allerdings einen gemischten Eindruck. Vor allem fehlten mir am dritten Tag der Ausblick auf die nächste SolidWorks-Version und die schon letztes Jahr ausgefallene „Top Ten Enhancements“-Aufzählung.

Dafür gab es Gelegenheit zu einigen interessanten Gesprächen mit SolidWorks-Verantwortlichen, bei denen ich wichtige und tiefe Einblicke in die Welt der 3DExperience und deren Zusammenarbeit mit SolidWorks gewinnen konnte. Spürbar war auch, dass die Anbindung von SolidWorks an die 3DExperience von den Anwendern inzwischen akzeptiert wird – ob man es richtig versteht, steht auf einem anderen Blatt. Dazu werde ich aber einen eigenen Artikel bringen.

Schon seit einiger Zeit spricht man bei Dassault Systèmes nicht mehr über Funktionen, sondern lieber über Experiences – wozu dann vielleicht auch der Verzicht auf die Vorschau auf SolidWorks 2021 passt. Mit dem Wort „Experience“ habe ich so meine Probleme, weil es einer dieser unfassbaren englischen Ausdrücke ist, die sich nicht sauber übersetzen lassen. Die direkte Bedeutung wäre „Erfahrung, Erlebnis“, aber es schwingen eben Dinge wie „Die Kundenerfahrung mit dem Produkt“, eine ganzheitliche Herangehensweise und anderes mit, die in Übersetzung nicht mittransportiert werden.

Anfangs war ich skeptisch über diesen Schwenk – sind es doch die Funktionen, mit denen der Anwender am Ende arbeitet. Das Problem ist jedoch, dass sich der Fortschritt verlagert hat. Alle kommerziellen CAD-Systeme haben ein komplettes Funktionsset, so dass eine Differenzierung über Funktionen nicht mehr möglich ist. Die Differenzierung läuft heute über die Philosophie der gesamten Lösung, und diese Veränderung hat nun eben auch SolidWorks erreicht.

Rollen stehen im Fokus bei der 3DExperience World

Apps finden sich in Rollen, eine Person kann mehrere Rollen haben – und hier finden sich auch die xApps wieder.

Im Vordergrund stehen bei der 3DExperience inzwischen Rollen – und diese machen das Thema „Experience“ für mich greifbarer. Eine Rolle gleicht einer Stellenbeschreibung, sie definiert eine bestimmte Aufgabe im Unternehmen, denkbar wäre beispielsweise eine Rolle „3D-Modellierer“. Um eine Rolle ausfüllen zu können, benötigt ein Mitarbeiter bestimmte Werkzeuge – im Beispiel Funktionen zum Skizzieren, Extrudieren, Bemaßen und so weiter – alles, was notwendig ist, um 3D-Modelle zu erzeugen.

Nun ist es aber nicht damit getan, einfach nur ein 3D-Modell zu erzeugen. Unter anderem müssen Zeichnungen erzeugt werden. Es könnte dazu eine Rolle „2D-Ableitungs-Erzeuger“ existieren, hinter der sich Funktionen zum Ableiten der Ansichten, Positionieren auf der Zeichnung und Ausfüllen des Zeichnungsrahmens sowie ein PDF-Exportfilter verbergen.

Eine Person kann mehrere Rollen haben und damit alle Funktionen zugewiesen bekommen, die sie für ihre Arbeit benötigt. Der riesige Funktionsumfang eines monolithischen CAD-Systems wird also auf viele Rollen aufgebrochen. Statt der „eierlegenden Wollmilchsau“, deren Funktionsumfang der Anwender nur zu einem geringen Teil nutzt – aber es nutzt eben jeder Anwender ein anderes Funktions-Subset – lassen sich Funktionen wesentlich gezielter zuweisen. Für den Softwareanbieter hat diese Vorgehensweise einen großen Vorteil: Er kann Rollen in verschiedenen Zusammenhängen nutzen. Werden beispielsweise ein Direktmodellierer und ein Parametriksystem parallel im Unternehmen eingesetzt, können sich diese 3D-Modellierrollen eine gemeinsame Zeichnungsableitungs-Rolle – und die zugehörigen Funktionen – teilen.

xDesign und xShape verschwinden in 3D Creator und 3D Sculptor

Die Rollen 3D Creator und 3D Sculptor gibt es für Bestandskunden derzeit zum Sonderpreis.

Manifestiert hat sich dieser Fokuswechsel vom Produkt zur Rolle beispielsweise darin, dass SolidWorks kaum mehr von den X-Apps wie xDesign oder xShape spricht, sondern die Rollen 3D Cretaor und 3D Sculptor in den Vordergrund stellt, in denen diese Apps – gemeinsam mit anderen Funktionen – enthalten sind. Beide Rollen gibt es übrigens für Bestandskunden bis 3. März 2020 online zu einem Vorzugspreis.

Soweit ein erster, schneller Rückblick auf die erste 2020. Viele, auch SolidWorks-Verantwortliche, sprachen übrigens einfach von der „World“ – das geht einfach besser über die Lippen. Die nächste World findet wieder in Nashville statt – vom 7.-10. Februar 2021.

In weiteren Posts werde ich, sobald der Jetlag einigermaßen überwunden ist, unter anderem über die Zusammenarbeit zwischen SolidWorks und der 3DExperience sowie Umstellungen in der Lizenz- beziehungsweise Bundlestruktur bei SolidWorks berichten.

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