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Traditioneller Maschinenbau und Industrie 4.0 – Tot trotz Hightech?

Jedem, der bisher glaubte, dass die digitale Revolution ihn nichts angehe, weil er sich von Facebook, Twitter und dem Computer im Allgemeinen fernhält, sollte heute Morgen beim Lesen der Tageszeitung ein Schauer über den Rücken gelaufen sein. Der Chef des Heidenheimer Traditionsunternehmens , das seit Jahrzehnten einer der Marktführer für hochkomplexe grafische Papiermaschinen war, bezeichnet seinen eigenen Markt als „tot“. Und zwar wegen der digitalen Revolution.

Leider nicht mehr gefragt: Eine Papiermaschine von Voith (Bild: Voith).

„Voith hat seit zwei Jahren keinen Auftrag mehr für eine große grafische Papiermaschine erhalten“, sagt Lars Rosumek, Leiter der Konzern-Kommunikation von Voith, in dem Artikel der Schwäbischen Zeitung (SZ). „Der Markt ist tot“, stellte Konzernchef Hubert Lienhard bereits Ende 2013 fest. Das Unternehmen hat seit zwei Jahren keinen Auftrag mehr für eine Papiermaschine erhalten – hochwertige Kataloge, Zeitschriften und Prospekte werden immer seltener gedruckt – weil Amazon oder ebay im Gegensatz zu Quelle oder Otto Versand eben keine Kataloge mehr brauchen. Die im Markt nachgefragten, einfacheren Maschinen für Papiertaschentücher oder Kartonagen kommen preiswerter aus Asien.

Harter Schnitt im Papiermaschinenbereich

In der Folge dieser Entwicklung streicht Voith nun in der Papiersparte 1.000 Stellen, schließt mehrere Werke und stößt den Bereich der Industriedienstleistungen ab. An der Papiermaschinenproduktion hält Voith interessanterweise vor allem fest, um das Servicegeschäft nicht auch noch zu verlieren. „Nur wer imstande sei, Papiermaschinen zu bauen, erhalte auch die begehrten Aufträge für Wartung und Reparatur“, zitiert die SZ.

Ein Zitat machte mich besonders nachdenklich:

Ein Voith-Arbeiter aus Heidenheim, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, stellt lakonisch fest: „Wir haben bislang geglaubt, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.“

Die Zeiten sind nun mal vorbei. Das betrifft jedoch nicht nur den Arbeiter, sondern auch den Firmenchef, der glaubt, mit ausgeklügelten mechanischen Lösungen und einer großen Firmentradition – wie sie im Mittelstand richtigerweise gerne beschworen wird – seinen Betrieb zukunftssicher aufgestellt zu haben. Die vierte industrielle Revolution kommt, ob man das nun gut findet oder nicht. Wer bei nicht vorne mitschwimmt, wird von der Welle der Konkurrenten, die diesen Trends annehmen, überrollt. Und das gilt auch für solche Bereiche und Branchen, die auf den ersten Blick – um im Bild zu bleiben – am sicheren Ufer stehen, wie die Papierherstellung.

So traurig es ist, dass kaum ein Schmied mehr ein ordentliches Langschwert herstellen kann – und so faszinierend diese Herstellung in einer Dokumentation oder auf einem Mittelaltermarkt erscheinen mag – der Markt für Langschwerter ist eben schon vor längerer Zeit zusammengebrochen. Ungeachtet der hohen Handwerkskunst, die hinter einem mehrere hundert Male gefalteten Stahlstück steckt.

Industrie 4.0 ist kein Hype, sondern die Zukunft

So sieht die Fabrik der Zukunft aus: Digital entwickelt, simuliert und gesteuert (Bild Siemens PLM Software).

Lienhards Alptraum wird in dem Artikel so beschrieben: Das Geschäft in der Fabrik machen Google und Telekom mit der Vernetzung und Digitalisierung, stolze Maschinenbauunternehmen werden zu Unterlieferanten degradiert, die die unvermeidliche Hardware der Fabrik liefern und sich gefälligst in das vorgegebene Raster einzupassen haben. Die Zukunft in Form von Industrie 4.0 wird von viel zu vielen Unternehmen – gerade in unserem bisher so starken süddeutschen Mittelstand – noch als Exotenthema gesehen, dessen Erfolg man mal abwarten kann.

Und Industrie 4.0 hat übrigens zwei ganz wichtige Voraussetzungen: Nahtlose Zusammenarbeit aller Bereiche im Unternehmen statt Trennung und Misstrauen zwischen Mechanik-, Elektronik- und Softwareentwicklung. Nur so können tatsächlich vernetzte Maschinen entstehen, die die Vorteile von Industrie 4.0 ausnutzen. Und eine Entwicklungsumgebung, die diese nahtlose Zusammenarbeit am digitalen Modell abbilden kann, in der Mechanik, Elektronik und Software gemeinsam entwickelt werden, in der Systems Engineering diese Integration möglich macht und die einen direkten Datenpfad in die Fertigung ermöglicht.

Lustig ist in diesem Zusammenhang ein Zitat von Michael Ziesemer, Chef des Elektronikverbands ZVEI. „Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert, nur die Pommesbude bleibt offline.“ Ich glaube das nicht – dass die Pommesbude offline bleibt, selbstverständlich.

Der Artikel enthält Material eines Artikels der Schwäbischen Zeitung.

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