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3D-Druck: Tipps für den Einstieg

Nachdem ich mich schon einige Zeit mit dem Thema beschäftige und die vielen Fragen sehe, die dabei auftauchen, wollte ich mal meine Erfahrungen zusammenfassen. Da ich mich weniger an Privat-3D-Druckerenthusiasten wende, sondern eher an Konstrukteure und Entwickler, möchte ich meine zehn Einsteigertipps auch an meiner „Kundschaft“ ausrichten. Hier also meine Tipps, wenn es darum geht, 3D-Druck professionell einzusetzen:

  1. Es muss ja nicht gleich die Stratasys Connex3 sein (Bild: Stratasys).
    Es muss ja nicht gleich die Stratasys Connex3 sein (Bild: Stratasys).

    Informieren Sie sich! Viele CAD-Systemhäuser – mit denen Sie ja eh schon in Kontakt sind – haben die Zeichen der Zeit erkannt und eigenes 3D-Druck-Knowhow aufgebaut. Nutzen Sie dieses Knowhow, besuchen Sie Veranstaltungen, lassen Sie Testteile drucken, vielleicht ist es sogar möglich, einen Drucker auszuleihen.
    Mein Vorschlag: Systemhäuser mit 3D-Druck-Angebot schreiben einen Kommentar zu diesem Artikel, beschreiben kurz ihr Angebot in den Bereichen Soft- und Hardware (gerne mit Link zu Ihren Seiten), dann finden die Leser schnell einen passenden Anbieter.

  2. Werden Sie sich über ihre Ziele klar! 3D-Druck ist ein extrem breites Feld, vom 300-Euro-Chinadrucker bis zu millionenteuren Riesengeräten, die Formsand oder gleich Metall drucken. Reicht dem einen ein „Anfassmodell“ für die Prüfung der Ergonomie, so benötigt der andere extrem exakte Teile aus Metall, die nicht als Prototypen dienen, sondern Serienteile sind. Entsprechend breit ist die Palette von Druckern auf dem Markt. Werden Sie sich im Klaren, was Ihr wichtigstes Einsatzgebiet ist, und suchen Sie sich Ihren Drucker auf dieser Basis aus.
  3. Nutzen Sie Dienstleister! Es ist eine gute Idee, vor dem Kauf eines eigenen Druckers die Dienstleistungen eines 3D-Druckservice zu nutzen. So können Sie ohne großen Investitionsaufwand testen, ob 3D-Druckteile ihren Anforderungen entsprechen. Die Dienstleister verraten gerne, auf welchen Maschinen sie arbeiten, so dass Sie gezielt Modelle aus einem bestimmten Drucker bestellen und mit diesem Gerät Erfahrungen sammeln können.
  4. Legen Sie einfach los! Wenn sie nicht sicher sind, ob 3D-Druck Ihre Prozesse voranbringt, nutzen Sie einen 3D-Druck-Dienstleister. Lassen Sie sich Prototypen und Serienteile ausdrucken, testen Sie diese. Wenn Sie sehen, dass der Nutzen der 3D-Drucktechnologie groß genug ist, schaffen Sie sich eine eigene Maschine an. Bis dahin werden Sie so viel Erfahrungen gesammelt haben, dass Ihnen die Auswahl nicht schwer fällt.
  5. Komplexe Strukturen - ohne 3D-Druck unmöglich zu fertigen (Bild: Autodesk).
    Komplexe Strukturen – ohne 3D-Druck unmöglich zu fertigen (Bild: Autodesk).

    Think outside of the box! Der abgedroschene Managementseminarspruch hat hier mal Gültigkeit. 3D-Druck hat so vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, diese gilt es zu erkennen und zu nutzen. Dabei muss das 3D-Druckteil gar nicht das Ergebnis sein, beispielsweise lassen sich Formen drucken, in denen man dann Gummiteile gießen kann.

  6. Erkennen Sie die Vorteile! 3D-Druck erlaubt Formgebungen, für die man im Studium eine notentechnische Ohrfeige bekommen hätte („Nicht montierbar!“). Viele komplexe Konstruktionen sind nur deshalb komplex, weil Fertigungs- oder Montageverfahren das erfordern. Die 3D-gedruckten Einspritzdüsen von GE bestehen noch aus 7 Teilen statt aus fast 30. Generative Design beziehungsweise Topologieoptimierung schreit geradezu nach 3D-Druck, probieren Sie es aus.
  7. Fassen Sie Funktionen zusammen! 3D-gedruckte Hydraulikblöcke sind nicht nur wesentlich leichter, sondern dienen gleichzeitig als Kühlkörper, weil die Verbindungen nicht im Metallblock stecken, sondern als Rohrleitungen frei verlaufen. Kühlrippen dran, schon ist der Zusatznutzen realisiert.
  8. 3D-Druck vollbringt keine Wunder! Die verschiedenen 3D-Druckverfahren sind einfach zusätzliche Fertigungstechnologien wie Spritzguss, Blechbiegen oder Schweißen. Und wie alle Fertigungstechnologien eröffnen sie auf der einen Seite neue Möglichkeiten, während sie auf der anderen Seite ihre spezifischen Einschränkungen mitbringen – dünne Wände sind instabil, das Material verhält sich oft anisotrop. Diese Einschränkungen muss man kennen und seine Teile entsprechend gestalten.
  9. 3D-gedruckte Kavität im Metallhalter - so lassen sich Kleinserien schnell in Originalwerkstoff herstellen (Bild: Encee).
    3D-gedruckte Kavität im Metallhalter – so lassen sich Kleinserien schnell in Originalwerkstoff herstellen (Bild: Encee).

    Spielen Sie! Die Möglichkeiten des 3D-Drucks muss man erleben, um sie zu verstehen. Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr versteht man, was möglich und was sinnvoll ist. Definieren Sie ein 3D-Druck-Budget (das kann Geld, aber auch Zeit bedeuten), das „verspielt“ werden darf. Kaufen Sie einen preiswerten Basteldrucker, mit dem die Entwickler Erfahrungen sammeln und eigene Ideen umsetzen können. Das dürfen gerne auch Dinge für private Projekte sein – die so gewonnenen Erfahrungen werden sich vielfach auszahlen. Und nein, dieser Tipp widerspricht nicht der Nr. 3 – die beiden Tipps ergänzen sich. Mir ist wichtig, dass Sie nicht viel Geld für eine teure Maschine ausgeben, die Ihren Anforderungen nicht entspricht und am Ende nur herumsteht. Deshalb kann es durchaus Sinn machen, für bestimmte Teile Dienstleister zu nutzen und parallel einen „Basteldrucker“ für das Gewinnen von Erfahrungen aufzustellen.

  10. Haben Sie Geduld! 3D-Druck kann, wie schon erwähnt, keine Wunder vollbringen, aber viele neue Möglichkeiten eröffnen. Wie bei allen anderen neuen Technologien ist noch viel Erfahrung notwendig, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die Software ist noch recht komplex, viele 3D-Drucker alles andere als zuverlässig. Auf der anderen Seite bietet der 3D-Druck so viele revolutionäre Vorteile und Möglichkeiten, dass man meiner Meinung nach jetzt einsteigen muss, um den Zug nicht zu verpassen.

Ich hoffe, meine Tipps für angehende Anwender aus der digitalen Produktentwicklung sind auch für Hobbyeinsteiger interessant – wobei ich ja die Vermutung habe, dass sich diese beiden Gruppen stark überschneiden.

Ich finde es jedenfalls immer wieder unglaublich, ein virtuelles Modell direkt real entstehen lassen zu können – alleine dafür lohnt es sich, sich mit dem 3D-Druck zu beschäftigen. Prototypen entstehen über Nacht und kosten oft nur Centbeträge. Da lohnt es sich, über Nachteile wie manchmal mangelnde Festigkeit oder raue Oberflächen hinwegzusehen – wenn es dadurch beispielsweise möglich wird, ergonomische Fehler extrem schnell und sehr früh im Entwicklungsprozess zu finden.

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3 Kommentare

  1. Sebastian

    Sehr, sehr gute Tipps! Den Link habe ich gleich mal an einige Bekannte weitergeleitet, die sicherlich auch sehr interessiert sein werden!
    Einen „Basteldrucker“ werden wir intern im Sommer anschaffen, um mal etwas rumzuprobieren!

    Viele Grüße

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